Somatic Experiencing: Trauma lösen über das Nervensystem
Was ist Somatic Experiencing?
Somatic Experiencing (SE)® ist eine körperorientierte Methode zur Auflösung von traumatischem Stress, entwickelt von Dr. Peter Levine über Jahrzehnte klinischer Arbeit und Forschung. Die Kernerkenntnis: Trauma ist keine Störung, sondern eine unvollständige biologische Reaktion, die im Nervensystem vollendet werden kann.
SE basiert auf der Beobachtung, dass wilde Tiere trotz ständiger Bedrohung selten traumatisiert sind. Sie verfügen über angeborene Mechanismen, um hohe Aktivierung zu entladen. Menschen haben diese Fähigkeit auch – sie muss nur wieder aktiviert werden.
SE‑Therapie arbeitet direkt mit dem Trauma des Nervensystems: über Körperwahrnehmung, Schutzreflexe und dosierte Entladung lernt dein System wieder flexible Regulation – sanft und sicher.
„Trauma entsteht nicht durch das Ereignis selbst, sondern wenn die mobilisierte Überlebensenergie nicht entladen werden kann und im Nervensystem gebunden bleibt.“ – Dr. Peter Levine
Mehr Informationen bei Somatic Experiencing® International.
Der SE‑Prozess: Sicher und selbstreguliert
Eine typische SE‑Sitzung
- Ankommen und Orientierung (5–10 Min.): Sich im Raum orientieren, Kontakt zum Hier und Jetzt.
- Ressourcen etablieren (10–15 Min.): Sichere Körperempfindungen finden, positive Erinnerungen aktivieren.
- Achtsame Annäherung (20–30 Min.): Langsames Berühren der Aktivierung, Tracking, Pendeln zwischen Aktivierung und Ressource.
- Entladung und Integration (10–15 Min.): Natürliche Entladung (z. B. Zittern, Wärme), Neuverhandlung statt Wiederholung.
- Stabilisierung (5–10 Min.): Zurück zu Ressourcen, Verankerung der neuen Erfahrung.
Wichtig: Kein Wiedererleben des Traumas – SE arbeitet mit der gefühlten Gegenwart.
Für wen ist SE geeignet?
Schocktrauma
- Unfälle (insb. Verkehr)
- Stürze und Verletzungen
- Medizinische Eingriffe/Operationen
- Überfälle und Gewalt
- Naturkatastrophen
Entwicklungstrauma
- Frühe Vernachlässigung (ergänzend zu NARM)
- Geburtstrauma
- Frühe medizinische Traumata
Symptomkomplexe
- PTBS, Panikattacken
- Chronische Schmerzen, Fibromyalgie
- Chronisches Erschöpfungssyndrom
- Schlafstörungen, Dissoziation
Besondere Stärken von SE
- Keine Retraumatisierung: Durch Titration immer im sicheren Bereich
- Ohne Geschichte: Trauma muss nicht verbal erzählt werden
- Körperliche Symptome: Besonders wirksam bei somatischen Beschwerden
- Schnelle Stabilisierung: Oft rasche Verbesserung der Selbstregulation
SE vs. andere Traumatherapien
Methode | Ansatz | Besonders geeignet für |
---|---|---|
SE | Nervensystem‑Regulation | Schocktrauma, somatische Symptome |
EMDR | Bilaterale Stimulation | PTBS mit klaren Erinnerungen |
Trauma‑VT | Kognitive Umstrukturierung | Wenn Denkmuster im Vordergrund |
NARM | Entwicklungs‑/Beziehungsmuster | Frühe Bindungstraumata |
SE kann hervorragend mit anderen Methoden kombiniert werden.
Die SE‑Ausbildung: Höchste Standards
Struktur
- Beginner I–II (je 4 Tage)
- Intermediate I–III (je 4 Tage)
- Advanced I–III (je 4 Tage)
- 18 Übungsgruppentreffen
- 12 Einzelsitzungen eigene SE‑Erfahrung
- 6 Supervisionssitzungen
Anbieter & Zertifizierung
- Somatic Experiencing Deutschland e.V. (somatic-experiencing.de)
- Zertifizierung durch SE International
- Geschützte Bezeichnung „SEP“ (SE Practitioner)
- Kontinuierliche Fortbildung erforderlich
SE‑Übung: Orientierung im Raum
- Lass deinen Blick langsam wandern – ohne zu suchen, einfach schauen.
- Folge deiner natürlichen Neugier – was zieht deine Aufmerksamkeit an?
- Bewege dabei sanft den Kopf – spüre die Nackenbewegung.
- Bemerke Veränderungen – Atmung? Entspannung? Gähnen?
Diese einfache Übung signalisiert Sicherheit und ist die Basis jeder SE‑Arbeit.
Die SE‑Kernkonzepte
1. Titration – Die Kunst der Dosierung
Traumatische Aktivierung wird in kleinsten Einheiten bearbeitet – wie ein Tropfen Essenz in Wasser. Dies verhindert Überflutung und ermöglicht Integration.
Beispiel: Statt die ganze Unfallsituation zu aktivieren, nur die leichte Anspannung im Nacken spüren.
2. Pendulation – Der natürliche Rhythmus
- Von Aktivierung zu Beruhigung
- Von Kontraktion zu Expansion
- Von Dysregulation zu Regulation
3. Ressourcenbildung
- Körperliche Ressourcen: Orte der Ruhe im Körper
- Äußere Ressourcen: Positive Erinnerungen, Menschen
- Gegenwärtige Ressourcen: Sicherheit im Hier und Jetzt
4. Felt Sense – Die Sprache des Körpers
- Kribbeln, Wärme, Enge, Weite
- Bewegungsimpulse
- Subtile Veränderungen
Das SIBAM‑Modell: Integration der Erfahrung
Trauma fragmentiert unsere Erfahrung. SE integriert fünf Kanäle:
- S – Sensation (Empfindung): Was spürst du gerade?
- I – Image (Bild): Innere Bilder, Farben, Formen
- B – Behavior (Verhalten): Bewegungsimpulse, Gesten, Haltungen
- A – Affect (Affekt): Emotionen, die auftauchen dürfen
- M – Meaning (Bedeutung): Gedanken und Interpretationen
Integration dieser Elemente = kohärente Erfahrung = Heilung.
SE‑Prinzipien
Kein Nacherleben. Wir arbeiten ressourcenorientiert und dosiert.
Interozeption, Orientierung, Schutzreflexe – der Körper zeigt den Weg.
Unvollendete Reaktionen (Fight/Flight/Freeze) behutsam abschließen.
Therapie ohne Krankenkasseneintrag
Deine mentale Gesundheit, deine Privatsphäre.
- Keine S‑Nummer: kein Eintrag bei der Krankenkasse, keine ICD‑10‑Diagnose in der Kassenakte
- Karrierefreundlich: relevant für Verbeamtung sowie Lebens‑/Berufsunfähigkeitsversicherung
- Sofort starten: keine 3–9 Monate Wartezeit, kein Gutachterverfahren
Weitere Verfahren
Wissenschaftliche Quellen
- Brom, D. et al. (2017). Somatic Experiencing for PTSD – randomized controlled outcome study. Journal of Traumatic Stress, 30(3).
- Andersen, T. E. et al. (2017). Brief SE für chronische Rückenschmerzen mit komorbider PTBS. European Journal of Psychotraumatology, 8(1).
- Levine, P. A. (2010). In an Unspoken Voice. North Atlantic Books.
- Porges, S. W. (2011). The Polyvagal Theory. W. W. Norton.
Häufige Fragen
Wie viele Sitzungen brauche ich?
Muss ich mein Trauma erzählen?
Kann SE schaden?
Unterschied zu allgemeiner Körpertherapie?
Werde ich berührt?
Kostenübernahme?
Bereit für Nervensystem‑Regulation?
SE ist die evidenzbasierte Wahl für Traumaheilung über den Körper. Unsere zertifizierten SE‑Praktiker:innen haben die komplette 3‑jährige Ausbildung absolviert.
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